Annemarie

Ein steinernes Meer ist die brausende Stadt
und ist wie ein Tüpfel doch klein;
du sitzt schon im Sechser und liest schon dein Blatt,
steig hinter der Brücke ich ein.
Dein Rücken ist schief und verschrumpft ist dein Arm,
ich sitze dir oft vis-a-vis;
doch dein Gsichterl ist fein und dein Lächeln ist warm,
verwachsene Annemarie.
Ich spür einen seltsamen Brocken im Schlund
und huste; gern spräch ich dich an
und führte dich aus, gäb dir nie einen Grund
zum Kummer und tät, was ich kann.
Zu dir war das Schicksal nicht, wie sich’s gehört;
ich weiß, daß es weh tut und wie.
Doch ich hab mich selber vertan und zerstört,
verwachsene Annemarie.
Wer macht dir das Frühstück, wer putzt dir die Schuh?
Ich steckte dir gern das Geflecht
des Haars auf, doch ärmer noch bin ich als du,
drum wäre von mir es nicht recht.
Bin ich auch gerade, ist’s schad nicht um mich,
wir gehn miteinander wohl nie;
hab Dank für dein Lächeln, fahr besser als ich,
verwachsene Annemarie.

Seite aus dem Booklet zur CD